Montag, 17. April 2017

die wunderbare Verwandlung: vom Lampantöl zum Extra virgin

liebe Leserinnen und Leser und Olivenölinteressierte!

in diesem Blog werde ich sie in der Welt der Pantscherei entführen.

Vorweg: auch wenn die zwei Länder mit der größten Olivenölproduktion immer wieder mit Pantsch-Skandalen auf sich aufmerksam machen,  finden wir überall, wo Olivenöl produziert, abgefüllt bzw. vertrieben wird ungeahnte Möglichkeiten, um aus einem ungenießbaren Lampantöl ein EVOO (Extra virgin olive oil) zu machen. Es gibt leicht abweichende Statistiken, aber man muss wohl davon ausgehen, dass jedes Jahr ca 10-15 % des produzierten Olivenöls zumindest zum Zeitpunkt der Produktion extra virgin / nativ extra ist, ca 55 - 60% ist ein virgin/naives Olivenöl und der Rest ist frisch gepresst schon ungenießbar, ein s.g. Lampantöl. Im Verkauf verändern sich diese Zahlen: ca 70-75% des verkauften Öls ist extra virgin/nativ extra deklariert, 10-15% virgin/nativ und der Rest wird als s.g. "Olivenöl" verkauft. Tja - Sie fragen sich vielleicht jetzt auch, wie diese wunderbare Veredelung passiert? Nein, es gibt kein legales Verfahren, dass aus einem schlechten Öl ein sehr gutes macht. Und bekanntlich wird Olivenöl auch nicht durch das Alter besser. Was ist es dann?

Exkurs - was bedeutet "extra virgin", "virgin", "Lampantöl", "Olivenöl":

wenn Sie durch meinen Blog scrollen, finden Sie einige Beiträge, die sich mit dieser Frage beschäftigen - hier nochmals kurz zusammengefasst:
laut EU-Norm gibt es folgende Qualitätseinteilung für Olivenöl:

1. nur mit mechanischem Verfahren (Presse, Extraktion/Zentrifuge/Separator) hergestellte Öle:
a. extra virgin
b. virgin
c. Lampantöl

die drei unterscheiden sich:
- durch die chemische Analyse - damit sich ein Olivenöl extra virgin bzw. virgin nennen darf, müssen die EU-Grenzwerte eingehalten werden.
- durch Fehlaromen: ein extra virgin darf keine Fehlaromen aufweisen (zB ranzig, essigsauer, wärmestichig, modrig...), ein virgin darf nur geringe Fehlaromen aufweisen.

von einem Lampantöl spricht man dann wenn die Werte der chemischen Analyse zu hoch und/oder das Öl Fehlaromen/zumindest ein Fehlaroma einer gewissen Intensität aufweist - dies wird in der sensorischen Überprüfung festgestellt.

2. Olivenöle, die mittels chemischen Verfahren "veredelt" werden: schlechte Olivenöl (Lampantöle) werden mittels chemischen Verfahren "rektifiziert" (= geruchlos, geschmacklos, farblos gemacht) - und dann mit einem geringen Prozentsatz nativer Öle vermischt, bis Farbe, Geruch, Geschmack dem Gaumen des potenziellen Kunden entspricht - diese Öle dürfen als "Olivenöle" auf den Markt gebracht werden.

3. Öle aus dem Trester - hier erfolgt eine Zweitpressung, meist mit sehr hohen Temperaturen - um dann rektifiziert und entsprechend mit nativen Ölen gemischt  zu werden - diese müssen als Tresteröle deklariert sein - da es sich hier um die preisgünstigste Variante handelt, werden diese Öle gerne in der Gastronomie verwendet.

Nun zurück zu unserem Thema "Pantschen/falsch deklarieren" - wie entsteht diese Diskrepanz zwischen produziertem und verkauften EVOO:

Ich will jetzt nicht sagen, dass der Markt/Konsument schuld ist - aber tatsächlich lässt sich kein Olivenöl verkaufen, wenn nicht extra virgin drauf steht - und schmeckt es noch so schlecht, der - meist unwissende - Konsument ist überzeugt oder will zumindest daran glauben, dass er sich ein gutes und gesundes Olivenöl geleistet hat - selbst wenn er nur € 4 für den Liter zahlt - spätestens bei Billigprodukten sollten alle Alarmglocken läuten. In der Zürcher Zeitung wurde einmal hochgerechnet, dass ein EVOO zumindest 20 SF kosten muss, damit es überhaupt ein EVOO sein kann.

Es gibt auch aber tatsächlich viele Produzenten, kleine und große, die davon überzeugt sind, dass sie ein fehlerfreies Öl erzeugt haben, die sind dann meist beleidigt, wenn man sie auf die schlechte Qualität ihres Öles hinweist. Der Produzent verkauft wissend oder unwissend sein Öl als EVOO obwohl es keines ist. Der Einkäufer/Händler kennt sich oft auch nicht besser aus - und schon gar nicht im Großhandel. Und selbst wenn er sich auskennt, und selbst wenn er weiß, dass das Öl bestenfall eine virgin/natives ist - auf dem Etikett wird extra virgin stehen, denn das lässt sich verkaufen.
Mit viel Glück gibt es eine chemische Analyse, aber selten bis gar nicht eine sensorische Überprüfung.
Womit wir schon beim Deklarieren sind: abgesehen von der Bezeichnung "nativ extra/ extra virgin, "nativ/virgin" "Olivenöl" muß noch die Herkunft des Öls drauf stehen (auf vielen Supermarktölen steht "EU" als Herkunftsland), Ablaufdatum, Nährwertangabe, wie es gelagert werden soll, und dann findet man noch den Satz: dieses Olivenöl erster Güteklasse wurde mittels mechanischem Verfahren hergestellt. Oft steht noch "Erstpressung" und "kalt gepresst" auf dem Etikett. Bei Bio-Ölen muss noch die der Bio-Norm entsprechende Angabe auf dem Etikett stehen. Und das alles in der Sprache des Landes, in dem das Öl vertrieben wird.
Also wir haben gelernt: Papier ist geduldig und der Konsument unwissend/naiv - und so wird ganz leicht aus einem ungenießbaren Lampantöl ein hochwertiges (und manchmal auch hochpreisiges) EVOO.
Übrigens: natürlich ist das alles auch mit den chemisch veränderten Ölen möglich.


Pantschen im eigentlich Sinne ist noch einmal etwas anderes, denn da ist dann das Olivenöl mit anderen, billigeren Ölen vermischt - lange Zeit war z.B. Baumwollöl als "Veredelungsöl" gebräuchlich.

Eine weitere illegale Vorgangsweise ist sehr en vogue und mittlerweile immer mehr im Visier der Zollbehörden: Olivenöl wird in Ländern mit niedrigeren Handelspreisen (und z.T. besserer Qualität) eingekauft und dann entsprechend umdeklariert - so wird z.B. aus griechischem Olivenöl ein italienisches.

Die ganz großen Handelsketten mit ihren Eigenmarken haben entsprechende Labors, wo das Olivenöl dem gewohnten Geschmack des Konsumenten angepasst wird, der sch dann freut, dass er "sein" Olivenöl um unter € 10,--/Liter einkauft, das so schmeckt, wie es schon vor 20 Jahren geschmeckt hat.

Die kritische Konsument fragt jetzt berechtigt, ob es denn keine Kontrollen gibt. Wie überall im Lebensmittelhandel, gibt es keine Präventivkontrollen - d.h. man muss nicht zuerst das Öl überprüfen lassen, bevor man es in den Handel bringt, sondern die Kontrollen passieren auf Verdacht. Und die Strafen sind zwar für kleine Händler spürbar hoch, aber für die große Olivenölindustrie eine Lächerlichkeit. Dazu kommt die Problematik, dass nicht jede Pantscherei im Labor erkennbar ist.

Und der kritische Konsument fragt, wie es überhaupt sein kann, dass so wenig EVOO erzeugt wird - dafür sind verschiedene Einflussfaktoren verantwortlich: von überreifen Oliven, faulen Oliven, Oliven mit Fliegenbefall, mangelnde Achtsamkeit bei der Ernte, zulange Lagerung zwischen Ernte und Pressung, falsche Produktionsbedingungen, um nur die wichtigsten zu nennen. Hinter all dieen Fehlern stehen , neben klimatischen Bedingungen, die man nicht beeinflussen kann,  mangelndes Wissen, Ignoranz, Kostenfaktoren.  Beispiel Kostenfaktoren: die meisten Olivenölbauern in Griechenland verkaufen ihr Öl direkt nach der Pressung an die Mühle zu einem ziemlich niedrigen Preis, d.h deren Interesse ist es, bei der ERnte so wenig Kosten wie möglich zu haben und so viel Ausbeute wie möglich. Sie werden daher die Oliven im reifen Zustand ernten, bei der ERnte so schnell wie möglich ernten, die geernteten Oliven über die ERntetage hinweg zusammensammeln und dann in einem zur Mühle transportieren und dann die mittlerweile angefaulten bis schimmligen Oliven so warm wie möglich pressen. Damit können sie mit einem Mehrertrag von zumindest 30% rechnen.

Zum Schluss möchte ich noch eine Frage beantworten, die immer wieder an mich herangetragen wird: was bedingt einen Ernteausfall? Abgesehen davon, dass die Bäume nicht jedes Jahr gleich viel tragen, sind Wetter und Krankheiten die Hauptfaktoren: das Wetter kann zu trocken, zu feucht, zu kalt sein - und natürlich Unwetter mit Sturm und Hagel. "Krankheiten" - außer die nun aktuell wütende Feuerbakterie, sind es eher Ungeziefer, die ab Februar für Ernteminderung sowohl in Qualität als Quantität verantwortlich sind, wobei v.a. die Olivenfliege der größte Feind ist. Sie legt ab Mai ihre Eier in die Oliven, deren Larven mit dem Reifezustand der Oliven mitwachsen.

Ich hoffe, mit diesem Blogbeitrag ein bisschen zur Aufklärung darüber beigetragen zu haben, warum bei den Tests so viele Olivenöle so schlechte Bewertungen erhalten, obwohl sie als "extra virgin/nativ extra" deklariert sind. Leider übersieht man dabei, dass es auch viele ehrlich Produzenten gibt, denen es v.a. darum geht, hochwertiges EVOO herzustellen.

Meint Ihre

EliTsa

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